Bagger

Kompensationsmaßnahmen

Zweck der Eingriffsregelung nach dem Naturschutzgesetz ist die Sicherung und Erhaltung der Funktionen von Ökosystemen und Landschaften außerhalb besonderer Schutzgebiete. Eingriffe in Natur und Landschaft dürfen daher nur im Einklang mit der Eingriffsregelung zugelassen werden.

Als Eingriffe werden Veränderungen der Gestalt oder Nutzung einer Grundfläche, die zu Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes führen kann gesehen. Zum Eingriff gehören also nicht nur die versiegelten Flächen, sondern zum Beispiel auch Aufschüttungen oder Abgrabungen wie Dämme oder Steinbrüche. Ziel der Eingriffsregelung ist es daher, die unvermeidbar gestörten Funktionen des Naturhaushalts gleichartig und gleichwertig wiederherzustellen. Wer weder Ausgleich noch Ersatz leisten kann, muss eine Ersatzzahlung leisten.

Die Artenschutz-Checkliste finden Sie unter „Downloads Eingriffsregelung“

Die Eingriffsregelung folgt folgenden Regeln:

Der beste Schutz für die Natur besteht darin, sie möglichst wenig zu beeinträchtigen. Je weniger Natur in Mitleidenschaft gezogen wird, um so weniger Kompensation ist erforderlich.

  1. Vermeidung von Beeinträchtigungen

  2. Ausgleich von Beeinträchtigungen

  3. Ersatzmaßahmen

  4. Ersatzzahlung

Ein vollständiger Ausgleich ist nur selten möglich. Deshalb sind für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft gleichwertige Ersatzmaßnahmen durchzuführen. (Sie müssen nicht gleichartig sein.) Ausgleich und Ersatz bilden zusammen die Kompensation.

Naturschutz bei Vorhaben und Plänen - was gilt sonst noch?

Neben der Eingriffsregelung können zu Vorhaben weitere naturschutzrechtliche Entscheidungen nach verschiedenen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) oder des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (HAGBNatSchG) erforderlich werden.

Dies soll nachfolgend am Beispiel eines Bauvorhabens erläutert werden:
Eine naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung (§ 17 BNatSchG) ist nach §18 BNatSchG grundsätzlich nur im Außenbereich erforderlich; im beplanten Innenbereich werden Naturschutzbelange entweder in die bauleitplanerische Abwägung eingestellt oder im Zuge der Entscheidung nach § 34 BauGB berücksichtigt. Alle anderen Naturschutzregelungen können sich prinzipiell auf den Innen - und Außenbereich beziehen.

Verfahren, Biotop-, Gebiets- und Objektschutz

Bei Vorhaben im Außenbereich umfasst eine Baugenehmigung nach § 3 Abs. 3 HAGBNatSchG in der Regel auch die naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung, eine Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatschG und eine Genehmigung nach einer Verordnung über ein Landschaftsschutzgebiet, Naturdenkmal oder einen geschützten Landschaftsbestandteil. Die Eingriffsgenehmigung und die Zulassung eines Vorhabens nach § 34 BauGB ergehen dann im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde, die übrigen genannten Entscheidungen im Einvernehmen mit dieser. Bedarf die Zulassung oder Ausführung eines Vorhabens einer Ausnahme oder einer Befreiung nach § 45 Abs. 7 oder § 67 BNatSchG oder aufgrund einer Naturschutzgebietsverordnung, so werden alle naturschutzrechtlichen Entscheidungen von der Naturschutzbehörde getroffen (§ 3 Abs. 4 HAGBNatSchG).

Natura 2000

Können Vorhaben einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben, Maßnahmen, Projekten oder Plänen zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebiets führen, sind sie unabhängig von der Baugenehmigungsbedürftigkeit unzulässig (§§ 33, 34 BNatSchG). Dies betrifft auch Maßnahmen, die von außen in einem solchen Gebiet zu erheblichen Beeinträchtigungen führen können. Über Ausnahmen entscheidet die im Zulassungsverfahren zuständige Behörde im Benehmen mit der Naturschutzbehörde (§ 34 BNatschG) nach Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung. Ist eine eigenständige Zulassung durch eine Naturschutzbehörde erforderlich, entscheidet diese selbst über die Ausnahme nach § 34 BNatSchG. Bedarf ein Projekt in einem Natura 2000-Gebiet keiner behördlichen Entscheidung, ist es der oberen Naturschutzbehörde anzuzeigen (Regierungspräsidium).

Artenschutz

Eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 oder eine Befreiung nach § 67 BNatSchG von den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 BNatSchG kann unabhängig von einer Baugenehmigungsbedürftigkeit erforderlich sein. Typische Fälle sind Dachsanierungen, Dachausbauten, Wärmedämmungen oder die Vergitterung von Öffnungen, insbesondere in Scheunen, Kirchen oder anderen historischen Bauwerken, wenn diese zu einer Beeinträchtigung von Nist-, Brut- oder Aufzuchtstätten von Eulen oder Fledermäusen führen (Bitte auf Kotreste, Gewölle oder vorhandene Nestern achten und ggf. fotografieren). Auch die Beeinträchtigung oder Beseitigung von Nestern von Greifvögeln, Mauerseglnern oder Schwalben durch Maßnahmen an Fassaden (insbesondere Dämmung oder Verfüllung von Spalten oder anderen Maueröffnungen) kann eine Ausnahme oder Befreiung erforderlich machen. In diesen Fällen ist auf jeden Fall naturschutzfachlicher Rat einzuholen. Bei Arten, die der FFH-Richtlinie (zum Beispiel Fledermäuse) oder der Vogelschutzrichtlinie unterliegen (alle europäischen Vogelarten), darf die Ausnahme nur im Einklang mit den europarechtlichen Vorschriften zugelassen werden. Zuständig für die Ausnahme oder Befreiung ist die untere Naturschutzbehörde. Bitte ggf. mit entsprechenden Fotos Kontakt mit der unteren Naturschutzbehörde aufnehmen.

Grünbestände im besiedelten Bereich

Unabhängig von der Baugenehmigungsbedürftigkeit können Gemeinden in einer Satzung nach § 29BNatSchG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 HAGBNatSchG die Beseitigung von Grünbeständen im besiedelten Bereich von einer Genehmigung abhängig machen.

Unterlagen

Für Eingriffe in Natur und Landschaft richten sich die vorzulegenden Unterlagen nach Anlage 4 der Kompensationsverordnung (KV); die Unterlagen nach Anlage 4 KV können in die Freiflächenplanung integriert werden, soweit dies die Lesbarkeit nicht beeinträchtigt. Die vorzulegenden Unterlagen im Bereich einer Satzung nach § 29 BNatSchG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 HAGBNatSchg richten sich nach der Satzung. In den übrigen Fällen reicht ein formloser schriftlicher Antrag bei der unteren Naturschutzbehörde, auf dem die Naturschutzbehörde die vorzulegenden Unterlagen mitteilt.

Hinweis:

Der unter „Downloads“ eingestellte „Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen“ (Stand Mai 2011) soll aktualisiert werden. Bis dahin ist statt Anhang 4 (Erhaltungszustände der Tier- und Pflanzenarten) des Leitfadens die „Liste der Tier- und Pflanzenarten Hessens mit besonderer Planungsrelevanz (Stand 16.06.2014)“ zu verwenden.

Was vom Konto der Natur abgehoben wurde, soll ihm wieder zugefügt werden. Und zwar möglichst "gleichartig und gleichwertig" durch sogenannte Ausgleichsmaßnahmen (zum Beispiel kann der Ausgleich für ein Nahrungsareal eines Weißstorches nur schwer durch Anlage einer Obstbaumwiese erreicht werden, da Störche nun einmal keine Äpfel fressen), oder zumindest "gleichwertig" durch sogenannte "Ersatzmaßnahmen" (die vorgenannte Obstbaumpflanzung könnte eine solche Ersatzmaßnahme sein).

Obwohl die KompensationsverordnungÖffnet sich in einem neuen Fenster (KV) auf der Basis des alten Hessischen Naturschutzgesetzes erlassen wurde, gilt sie nach § 15 Abs. 7 des BundesnaturschutzgesetzesÖffnet sich in einem neuen Fenster (BNatSchG) unter Beachtung der entsprechenden Regelungen des BNatSchG und des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (HAGBNatSchG) fort. Die Regelungen der Kompensationsverordnung legen den Grundstein für ein innovatives Flächenmanagement, durch das hochwertige Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung einerseits und die Natura 2000-Gebiete andererseits, nachhaltig gesichert und gestärkt werden.

Hessen hat als erstes Bundesland mit der Kompensationsverordnung ein entsprechendes Regelwerk festgelegt. Die neuen Regelungen der Kompensationsverordnung zielen darauf ab, Naturschutzmaßnahmen sinnvoll zu bündeln, indem Kompensationsmaßnahmen vorrangig in Natura 2000-Gebiete gelenkt werden sollen. Andererseits sollen die landwirtschaftlich hochwertigen Nutzflächen bei der Planung von Kompensationsmaßnahmen geschont und die landwirtschaftlichen Betriebe dadurch entlastet werden.

Die Kompensationsverordnung erleichtert Investitionen: durch Klarstellung der naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, Begünstigung von vorlaufenden Kompensationsmaßnahmen und Einführung der Möglichkeit, Kompensationspflichten an Dienstleister („Ökoagentur“) zu übertragen. Außerdem wird durch die Kompensationsverordnung ein transparenter Markt für Kompensationsleistungen („Ökopunktehandel“) geschaffen. Dies wird durch ein landesweites Zentralregister aller angebotenen Maßnahmen, Setzung eines Handlungsrahmens und Unterstützung durch eine landesweit tätige Vermittlungsagentur erreicht. Insgesamt ergeben sich Fortschritte für den Naturschutz durch Abbau von Vollzugsdefiziten, Schaffung eines einheitlichen Handlungsrahmens und Definition der Schnittstellen, zum Beispiel zu Fördermaßnahmen oder anderen öffentlichen Pflichten.

Ersatzzahlungen

Sind Ausgleich oder Ersatz nicht möglich, so fordert § 15 BNatSchG eine Ersatzzahlung, die für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege an anderer Stelle verwandt werden soll. Diejenigen, die real Ausgleich oder Ersatz leisten können, sollen nicht schlechter gestellt werden als jene, denen dies unmöglich ist. Wer Naturschutzprojekte durchführen möchte kann hierfür Mittel aus den Ersatzzahlungen beantragen (Siehe Hinweise zum Herunterladen rechts).

Eingriffs- und Ausgleichsplanung
Bei Bauvorhaben im Außenbereich und bei Planfeststellungsverfahren ist eine Eingriffs- und Ausgleichsplanung (§ 7 der Kompensationsverordnung) erforderlich. Hierbei ist zum Beispiel anzugeben, aus welchen Gründen der Eingriff für zulässig gehalten wird, ob Alternativen in Betracht kommen und gegebenenfalls in welcher Form die "Wiedergutmachung" der Schäden an Naturhaushalt und Landschaftsbild erfolgt. Bei der Eingriffs-Ausgleichsplanung und der Ermittlung der Ausgleichsabgabe sind u.a. folgende Vorschriften zu beachten:

  • §§ 13 bis 19 BNatSchG
  • §§ 1, 2, 4, 7-11 HAGBNatSchG
  • Kompensationsverordnung (mit Berechnungsvorschrift und Typenliste).

Eingriffsregelung im Innenbereich (Bauplanungsrecht)

Wer bis Jahresende 1997 im Bereich eines alten Bebauungsplans (vor 1993 in Kraft) oder in besiedelten Bereichen ohne Bebauungsplan (sog. "im Zusammenhang bebaute Ortsteile“) baute, musste in der Regel bei seinem Bauvorhaben einen Eingriffs- Ausgleichsplan vorlegen. Aufgrund dieses Planes setzte die Naturschutzbehörde eine Ausgleichsabgabe fest. Durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998, das zum 1.1.1998 in Kraft trat, gilt diese Abgabenpflicht nicht mehr für Vorhaben, die nach diesem Datum errichtet wurden.

Ferner hat der Bundesgesetzgeber die Vorschriften für die Aufstellung der Bebauungspläne verschärft. Das Baugesetzbuch sieht jetzt vor, dass Bauleitpläne zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung auf kommunaler Ebene dienen und die Belange des Bodenschutzes beachten müssen. Gemeinden müssen Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes und der Landschaft im notwendigen Umfang kompensieren. Ein "Wegwägen" der Naturschutzbelange in der Bauleitplanung ist schwerer geworden. Zusätzlich haben die Gemeinden Vorschriften des Artenschutzes und des Biotopschutzes zu beachten.

Statt Schäden an der Natur nachträglich wieder gut zu machen, können auch Maßnahmen zugunsten der Natur vorlaufend vor dem eigentlichen Eingriff durchgeführt werden. Anders als bisher, "Kredite" an der Natur aufzunehmen, die später wieder zurückgezahlt werden müssen, geht die "Ökokonto"-Regelung davon aus, dass erst ein Guthaben auf dem Konto der Natur angelegt wird, das später abgebucht wird. Ökokonto-Maßnahmen haben den Vorteil, dass sie in der Regel weniger Platz benötigen als nachträglich durchgeführte Maßnahmen. Der Handel mit derartigen „Aufwertungsrechten“ wird „Ökopunkte-Handel“ genannt.

Das Land bestärkt alle, die Ökokonto-Maßnahmen herstellen wollen. Dies gilt insbesondere für solche Maßnahmen, die gleichzeitig dazu dienen, die Schwerpunktflächen des hessischen Naturschutzes, die Natura 2000-Gebiete, in ihrem Zustand zu verbessern. Solche Maßnahmen haben nach der neuen Kompensationsverordnung in der Regel Vorrang gegenüber anderen Maßnahmen.

Aber es gibt auch andere Beispiele für Ökokonten:

  • Entsiegelungsmaßnahmen oder Rückbau baulicher Anlagen;
  • Maßnahmen zur Beseitigung von Hindernissen für die Tierwanderung (Querungshilfen, Wildbrücken);
  • Maßnahmen zur Renaturierung von Fließgewässern einschließlich der Uferbereiche und zur Herstellung der Durchgängigkeit für wandernde Fischarten;
  • Maßnahmen zur Wiederherstellung von Kulturbiotopen, wie Alleen, Trocken- oder Magerrasen sowie Maßnahmen auf erosionsgefährdeten Hängen, Moorstandorten oder Standorten mit hohem Grundwasserstand, soweit diese in ein Nutzungskonzept eingebunden sind oder die
  • Wiederherstellung von Weinbergstrockenmauern und Steillagenflächen im Weinbau

Im Rhein-Main-Gebiet ist der Versuch unternommen worden, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere auch im Rahmen von Ökokonto-Regelungen, weitgehend in ein Regionalpark-Konzept umzusetzen. Ein Ziel ist hierbei, den Flächenbedarf möglichst zu konzentrieren und die Aufwertung von Natur und Landschaft ganz konkret erlebbar zu machen. Regionalparkgesellschaften führen auch für Dritte Ökokonto-Maßnahmen durch.

Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Flächeninanspruchnahme (oder den Flächenverbrauch) in Hessen auf maximal 2,5 Hektar pro Tag zu begrenzen. Auf dem Weg zu diesem Ziel wurde in der Vergangenheit viel erreicht. So ist es gelungen, den Verlust landwirtschaftlich genutzter Flächen im Schnitt der letzten fünf Jahre auf circa drei Hektar pro Tag zu reduzieren und damit seit 1999 zu halbieren.

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