Die Sicht auf das hessische Ried von oben.

Das Hessische Ried

Als wichtiger Teil zur Erfüllung der Erhaltungsziele für die Natura 2000-Gebiete leistet das Hessische Ried einen unverzichtbaren Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt. Das Hessische Ried versorgt zudem den Ballungsraum Rhein-Main mit Trinkwasser. In den letzten Jahren zeigen sich dort verstärkt die Auswirkungen des Klimawandels, das heißt höhere Temperaturen und geringe Niederschläge.

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Beides hat Folgen für die Grundwasserverfügbarkeit. Um dieser Situation zu begegnen, wurden Interessenvertreterinnen und -vertreter, fachliche und wissenschaftliche Expertinnen und Experten an einem Runden Tisch „Verbesserung der Grundwassersituation im Hessischen Ried" versammelt. Innerhalb von drei Jahren wurden, entsprechend des Beschlusses des Hessischen Landtags vom 9. November 2006, nachhaltige Maßnahmen definiert und deren Umsetzung zur Verbesserung des Waldzustands empfohlen.

Die zentralen Ergebnisse des Runden Tisches und Stand der Umsetzung durch die Landesregierung 

  1. Innerhalb und außerhalb aller europäischen Schutzgebiete (FFH- und Vogelschutzgebiete) wurde mit intensivierten waldbaulichen Maßnahmen die Sanierung der Waldgebiete angegangen. Besonders berücksichtigt werden Gebiete, in denen die naturschutzrechtlich geschützten Lebensraumtypen Eichen-Hainbuchen-Wald und Waldmeister-Buchen-Wald gefährdet sind. Seit 2017 konnten innerhalb von Rahmenverträgen waldbauliche Maßnahmen für zehn Kommunen und einer Stiftung vereinbart sowie weitere Maßnahmen im Staatswald umgesetzt werden. Aufgrund der ermittelten lokalen Engerlingsdichten mussten Pflanzmaßnahmen aber mitunter verschoben werden.
     
  2. Die Wasser-Projekte zur Rettung des Waldes und zum Schutz von Landwirtschaft und Kellern vor Vernässung wurden in den Waldgebieten "Darmstadt 1“ (Harras und Triesch), „Groß-Gerau 3“ (Büttelborner Wald) und „Darmstadt 5“ (Pfungstädter Moor) – zusammengefasst als "Westwaldprojekt" bezeichnet - fortgesetzt. Die Infiltration im Darmstädter Westwald wurde 2019 gutachterlich geprüft. Das Regierungspräsidium Darmstadt wird mit den Städten Griesheim und Weiterstadt einen mehrjährigen Vertrag schließen, um die künftige Infiltration im Waldgebiet Triesch zu konzentrieren. Dort kann vermutlich eine deutliche und naturschutzfachlich wirksame Aufspiegelung erzielt und gleichzeitig künftig auf eine Ableitung von verfügbarem Wasser in den Vorfluter verzichtet werden. Schutzmaßnahmen für Siedlungen und Landwirtschaft sind nicht notwendig.
     
  3. Die Wiedervernässung des Pfungstädter Moores gilt nach gutachterlicher Prüfung als technisch umsetzbar und wird zu einer deutlichen naturschutzfachlichen Aufwertung im Naturschutzgebiet und im Vogelschutzgebiet Altneckarschlingen führen. 2021 wurden entsprechende Landesmittel für die bauliche und betriebstechnische Umsetzung bereitgestellt.
     
  4. Die ebenfalls vom Runden Tisch empfohlene Prüfung einer situativen Zuwässerung zur Sicherung und Wiederherstellung von Waldflächen im Stadtwald Gernsheim konnte als Projekt beim Waldklimafonds eingereicht werden. Nach Bewilligung des Projektantrags und zusätzlicher Förderung durch das Land konnte 2020 mit dem Aufbau der Versuchsanlagen begonnen und im April 2021 abgeschlossen werden. Versuchsmessungen haben stattgefunden, probeweise wurden erste Bewässerungen durchgeführt. Die Zuwässerung erfolgt anhand von Bodenfeuchtemessungen. Das Projekt läuft bis 2024.
  5. Die Empfehlung des Runden Tischs sieht zudem vor, eine Aufspiegelung von Grundwasser zunächst im Gernsheimer Wald als Pilotprojekt durchzuführen, um die Auswirkungen, sowohl im Hinblick auf die naturschutzfachliche Zielsetzung, als auch deren Auswirkungen auf benachbarte Siedlungen und Landwirtschaftsflächen, konkret beobachten und untersuchen zu können. Die Ergebnisse der technischen, rechtlichen und naturschutzfachlichen Gutachten wurden vom Lenkungsausschuss im Ministerium aufbereitet und im Juli 2021 dem interdisziplinär besetzten Projektbegleitkreis vorgestellt. Von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidungsfindung sind die tatsächlich noch vorkommenden Wald-Lebensraumtypen, die abgrenzbaren Folgen einer lokalen (pilothaften) Aufspiegelung und die Optionen einer dauerhaft gesicherten Finanzierung.

Der Expertenrunde und den ergänzenden Arbeitsgruppen gehörten Vertreterinnen und Vertreter der Städte und Gemeinden, der Forstwirtschaft, der Landwirtschaft, der Umwelt- und Naturschutzverbände, der Wasserwirtschaft und der Politik an. Beratend waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Darmstadt, des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie sowie weitere Fachleute beteiligt. Der Abschlussbericht des Runden Tisches wurde 2015 unterzeichnet.

Trockenjahre und Rheinwasseraufbereitung

Anders als im Runden Tisch absehbar, entwickelt sich die Auslastung der Rheinwasseraufbereitung. In den Trockenjahren 2018 bis 2020 war die Rheinwasseraufbereitung mehrfach voll ausgelastet und ohne Revision betrieben worden, um die Bedarfe decken zu können. Innerhalb von zwei Jahren sollen deshalb im Rahmen einer Machbarkeitsstudie die Möglichkeiten der Erweiterung einer Rheinwasseraufbereitung untersucht werden. Hierbei werden die Bedarfe des Naturschutzes, der Wälder (Wald in Natura 2000-Gebieten), der Landwirtschaft und der Wasserversorgung betrachtet.

Geschützte Biotope und Biotoptypen in Hessen

Naturschutzgebiet Schusterwörths bewachsendes Ufer mit Wasserpflanzen und Bäumen.
Naturschutzgebiet Schusterwörth mit Weichholzaue Kühkopf. 250 Arten zählt man in der als „Europareservat für den Vogelschutz“ ausgewiesenen Region.

Biotop

Beschreibung

Weiterführende Links

Natura 2000, Wald-Lebensräume

Eichen-Hainbuchen-Wald und Waldmeister-Buchen-Wald

Unter den 93 Lebensraumtypen, die in Deutschland vorkommen, sind im Hessischen Ried auch Waldlebensräume vorhanden, für die Hessen eine besondere Verantwortung trägt.

Naturschutz - Schutzgebiete

 

Natura 2000 - Verordnung Regierungspräsidium Darmstadt -Jägersburger und Gernsheimer WaldÖffnet sich in einem neuen Fenster

 

Natura 2000 - VerordnungÖffnet sich in einem neuen Fenster

Auwald und Stromtalwiesen

Auwald und flussnahes Grünland können einen beachtlichen Artenreichtum aufweisen. Alte Baumbestände und Überflutungen schaffen Lebensräume für besonders seltene Arten.

Forschungsprojekt StromtalwiesenÖffnet sich in einem neuen Fenster

 

Renaturierung von Stromtalwiesen am hessischen OberrheinÖffnet sich in einem neuen Fenster

 

Bodenkunde RheinauenÖffnet sich in einem neuen Fenster

Hessische Altneckarschlingen

Natura 2000-Gebiet „Hessische Altneckarschlingen“ bietet auf 2.803 Hektar rastenden Vögeln wie Kiebitz, Kranich und Goldregenpfeifer, aber auch vielen Wasser- und Watvogelarten einen Rückzugsraum. Zunehmend werden auch regelmäßig Brutvögel wie Grauammer, Uhu und Weißstorch angetroffen.

Verordnung Hessische AltneckarschlingenÖffnet sich in einem neuen Fenster

 

Infotafel des Gebiets Hessische AltneckarschlingenÖffnet sich in einem neuen Fenster

NSG Kühkopf-Knoblochsaue

Ausgehend von der Ausweisung 1952 ist schließlich mit fast 24 Quadratkilometer ein großes Auenschutzgebiet für die Natur gesichert worden.

Das Naturschutzgebiet Kühkopf-KnoblochsaueÖffnet sich in einem neuen Fenster

Vorbelastungen aus Grundwasserabsenkungen und Kohärenz

Grundwasserabsenkungen in Natura 2000-Gebieten im Hessischen Ried sind bereits seit 20 Jahren Gegenstand der Planungen der Deutschen Bahn AG für eine ICE-Strecke von Frankfurt nach Mannheim. Geprüft wurden unter anderen Trassenalternativen entlang der BAB 5 und der BAB 67. Ein mögliches Planungsziel ist der parallele Ausbau der BAB 67 zusammen mit dem Neubau der ICE-Strecke.

In diesem Zusammenhang sind die bestehenden Grundwasserabsenkungen Vorbelastungen, die zusammen mit den vorhaben bedingten Beeinträchtigungen geprüft werden müssen. Entsprechend sind durch den abschnittsweise in Tieflage beabsichtigten Bau der Bahnstrecke Kumulationswirkungen zu erwarten. Hinzu kommen die Flächeninanspruchnahmen innerhalb der Natura 2000-Kulisse, die neben Ersatzaufforstungen auch Kohärenzsicherungen an anderer Stelle erforderlich machen werden.

Die zu erwartende Beeinträchtigungen der Natura-2000-Gebiete durch das Projekt können zum Teil durch eine Verbesserung der Grundwassersituation kompensiert werden. Ob darüber hinaus weitere Verbesserungen der Grundwassersituation im Rahmen des Projekts möglich sind, bleibt zu prüfen.